"Kunst ist schöpferische Aussage"
Besuch bei einem bedeutenden Maler in Eisenbach


zurück


Artikel in Neue Presse Wiesbaden vom 30. Okt. 1954.
Abbildungen und Text zur besseren Lesbarkeit, siehe weiter unten!



Zum Seitenanfang


Bäume am Hang, 1953, Maße: 74 x 127 cm, Öl auf Hartfaserplatte


Zum Seitenanfang


Blick aus dem Atelierfenster; 1953, Maße: 100 x 155 cm , Öl auf Hartfaserplatte,


Zum Seitenanfang


Taunuslandschaft; 1950, Maße: 90 x 135 cm, Öl auf Hartfaserplatte


Zum Seitenanfang


Das Bild "Bäume am Hang" des Malers Werner Arndt (Eisenbach im Taunus) wurde von Kultusminister Hennig der Wiesbadener Städtischen Gemäldegalerie als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Dies soll zur ver- dienten Förderung des talentierten hessischen Künstlers beitragen.

Unser HK-Reporter stattete dieser Tage dem Maler in Eisenbach einen Besuch ab.

Malerische Wohnung

Am westlichen Ortsausgang lugt ge-rade noch das Dach eines Hauses über die Wipfel junger Tannen, die auf einem kleinen Bergkegel stehen. In einer malerischen Umgebung steht hier das Blockhaus der Familie Arndt, die sich kurz nach dem Kriege in Eisenbach ansiedelte. Das Haus ist in der Hauptsache in Selbsthilfe gebaut worden.
Lage und Haus verraten Kunstsinn. Was das äußere andeutet, findet man im Innern überreich bestätigt. Nichts ist schablonenhaft. Möbel, Innenarchitektur und Raumaufteilung haben eine eigene Note.

Aus der Heimat vertrieben

Werner Arndt ist ein direkter Nachkomme des bekannten deutschen Freiheitshelden Ernst Moritz Arndt. Er wurde in Stralsund geboren. Später lebte er in den Masuren in Ostpreußen. Während das Studiums lernte er seine jetzige Frau kennen, die aus Eisenbach stammt und dort Lehrerin war. Das junge Paar richtete sich zu Beginn des Krieges in Ostpreußen ein Heim ein, das es 1945 im Stich lassen mußte. Auch seine früheren Arbeiten konnte der Künstler nicht reiten. Eisenbach war der Zufluchtsort nach der Vertreibung aus der Heimat. Hier arbeitete der Künstler einige Jahre in der Stille, trat dann an die öffentlichkeit.

"Große neue Begabung"

"Sein Stil ist in Form und Farbe ein klares Bekenntnis zum Menschen und Gegenstand." -- "Mit Arndt ist eine große, neue Begabung sichtbar geworden. " -- "Der stärkste Eindruck geht bei den naturgebundenen, von den großflächigen und sicher gebauten Arbeiten Arndts aus." -- " Es ist ein besonderes Merkmal von Werner Arndts Kunst, daß in ihr die uralt bedeutsamen Bilder der sinnlich uns umgebenden Welt. wieder sichtbar vor uns hintreten. Wir waren nahe daran, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Der von Kandinsky begonnene mystische Weg in das Geistige der Kunst hat seine ursprüngliche Reinheit vielfach verloren... Was lag da dem sinnenbegabten Künstler näher, als sich wieder der alten Urbilder Baum, Himmel, Mensch und Meer zu erinnern ..." - " Die strenge Schule der abstrakten Kunst hat ihm die neue Sicht der Umwelt geschenkt. " ... "Freilich ist erst ein Anfang gemacht. Aber die Wende ist da. Und einer ihrer Wegbereiter ist Werner Arndt." Das sind Auszüge aus einem Berg von Fachkritiken über die in vielen Ausstellungen gezeigten Werke Arndts und seine Art, zu malen.

"Neo-Realismus"

In den Kritiken haben die Fachleute die Arbeiten Arnds durchweg positiv beurteilt. Sie und nicht der Künstler selbst sind es gewesen, die seine Arbeitsweise "Neo-Realismus" nannten." Ich habe das Abstrakte überwunden und bekenne mich mit voller Überzeugung zum Ding", erklärt der Künstler. Er weist aber darauf hin, daß dieses Bekenntnis nichts mit Naturalismus zu tun hat. "Naturnachahmungen sind keine Kunst. Entscheidend für die Kunst ist die schöpferische Aussage. Das Handwerkliche ist hierbei eine selbstverständliche Voraussetzung" sagt Arndt. Während seiner Ausbildung an der Staatlichen Kunstschule in Berlin wurde er mit der naturalistischen Kunstrichtung des Dritten Reiches vertraut gemacht. "Mit dieser Kunstrichtung konnte ich nicht warm werden, und ich bin froh, frei schaffen zu können."

Eisenbach und Arndt

Die Namen Eisenbach und Arndt sind in der Kunstwelt in den letzten Jahren Zu einem Begriff geworden. Viele Arbeiten zeigen Eisenbach und seine Umgebung. Der Name des Ortes taucht mit dem Namen des Künstlers in der deutschen Kunstwelt immer mehr auf. Und doch ist es dem Talent nicht möglich, mit seiner Kunst den Lebensunterhalt zu bestreiten. Das muß die Gattin als Lehrerin in der Hauptsache tun. "Wir leben in einer kunstfeindlichen Zeit", sagt der Künstler, der trotz dieser Erkenntnis nicht vom Pinsel lassen kann. "Ich muß malen", sind drei Worte, die alles besagen. Die Ausstellungen der Künstler würden besucht, doch man kaufe ihre Werke nicht. "Von der Kunst kann heute niemand leben. Um leben zu können, muß man noch etwas anderes nebenbei tun."

"Freude an der Farbe"

Arndt malt in der Hauptsache in Öl. Daneben betätigt er sich auch als Graphiker und fertigt Holzschnitte und farbige Siebdrucke an. "Ich habe Freude an der Farbe, und deshalb sind meine Bilder in der Farbe sehr lebhaft", erzählt der Maler. Eine Reproduktion vermittelt die Fülle der Farbe nicht, aber die Originale bestätigen das Gesagte. Der Künstler war gerade von einer kurzen Studienreise aus Spanien und Marokko zurückgekehrt. Eine Unzahl an Studien und Skizzen hat er mitgebracht, die jetzt im Atelier ausgearbeitet werden sollen. (ll)


Zum Seitenanfang